Rochwitz

Von Karl Richter und Tilman Deutscher, erschienen im Dresdner Geschichtsbuch Band 15, DZA Altenburg 2010
ergänzt durch weiteres Material, u.a. von Marlis Behrisch und Rolf Gäbel


Rochwitz-Schablone
Schablone zur Beschriftung von Handelskisten, gefunden im Nebengebäude des Ladengeschäftes von Max Petzold, Altrochwitz 4
Foto: Tilmann Deutscher

Der heutige Stadtteil Rochwitz wurde erstmals 1378 als "Rochewitz" erwähnt, ein Angerdorf in einer Wiesenmulde mit Teich und Quelle. Den Ursprung der Ansiedlung müssen wir im heutigen Ortsteil Oberrochwitz suchen, am Ausgang des Straßenzuges Altrochwitz. Der Name des Ortes ist als "Dorf des Roch" zu erklären. Im ostsächsischen Raum wurde der Name des Grundeigentümers bzw. Lehnsherrn als Ortsbezeichnung verwendet. Bei dem Namen Roch handelt es sich um einen slawischen Personennamen.
Die bekannt gewordenen Schreibweisen des Dorfnamens wandelten sich im Laufe der Zeit etwas ab. Aus "Rochewitz" wurde um das Jahr 1514 "Rechewitz", um 1526 "Rachwitz" und erst ab 1748 entstand die bis heute gültige Bezeichnung "Rochwitz".

Wortlaut des in Altlatein verfassten Texts:

Rochewicz Walpurgis 15 grossos
michaelis 1⁄2 sexagenam.
Item 2 mochios siliginis et tantum avene.
Item 41 1/2 modios avene vorsthaver.

(Rochwitz zu Walpurgis 15 Groschen
Michaelis 1⁄2 Schock.
Ebenso 2 Scheffel Winterweizen und eben soviel Hafer.
Ebenso 4 1⁄2 Scheffel Forsthafer).
Auszug eines Zinsregisters von 1378 mit der ersten dokumentierten Erwähnung von Rochwitz
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Die Gemarkung Rochwitz mit ihrer Fläche von 196 ha erstreckt sich im Nordosten von Dresden zwischen dem Loschwitzgrund und dem Wachwitzgrund. Das Höhenprofil steigt von 170 Metern auf rund 280 Meter über NN an. So gelegen, grenzt der Ort an die ehemaligen Dörfer und heutigen Dresdner Stadtteile Loschwitz, Bühlau, Gönsdorf, Pappritz und Wachwitz.
Über Jahrhunderte gehörte Rochwitz zum Rittergut Helfenberg bzw. seinem Vorwerk Gönsdorf und war immer mit Schönfeld verbunden.
Erst nach dem Erlass der Landgemeindeordnung 1838 in Sachsen wurde Rochwitz 1839 eine selbstständige Gemeinde. Das Dorf gliederte sich einst in die nicht zusammenhängenden Ortsteile Oberrochwitz und Niederrochwitz.
Niederrochwitz, an der Grundstraße gelegen, erstreckt sich auf der rechten Seite der aufsteigenden Grundstraße zwischen der Ulrichstraße und dem Rodelweg und ist seit Mitte des 16. Jahrhunderts besiedelt. Als markantestes Gebäude hier ist das Gasthaus "Zur Eule" zu erwähnen.
Neurochwitz, im Volksmund auch "Kamerun" genannt, wurde 1883/84 auf ehemaliger Bauernflur begründet. Die rasante Enwicklung der Gemeinde spiegelt sich auch in ihrer Bevölkerungszahl:

1839: 280 (darunter 9 Bauern, 15 Gärtner und 20 Häusler),
1880: 378,
1885: 443,
1895: 773,
1900: 1103,
1903: 1152,
1905: 1012,
1910: 1230 und
1916: 1086 Personen.


Bis heute zeigt der älteste Teil unseres Stadtteils – Altrochwitz– unverkennbare Spuren einer sorbenwendischen Siedlung, ein echter „Rundling“. Von seiner Gründung an drängten sich die Bauernhöfe, mit den Hausgiebeln nach der Platzmitte hin, eng um einen eirunden Wiesenplan – den Dorfplatz. Nur drei Störungen (Abriss, Brand 1869, Brand 1896) hat die ursprüngliche Anlage im 19. Jahrhundert erfahren.
Die den Rundling nach Norden und Süden schließenden Höfe sind verschwunden bzw. baulich verändert worden, und ein Hof (Stelzer) ist Mitte des 19. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgebrochen und bergauf neu gebaut worden. Der den Rundling im Norden abschließende „Bärsche Hof“ brannte 1869 ab und wurde ca. 100 m nordwärts neu aufgerichtet. Von diesem Gutshof bzw. von den Gutsgebäuden steckt das Wohn- und Stallgebäude in dem heutigen umfangreichen Gasthofbau, erkenntlich in dem Giebel an der Hutbergstraße. Der Besitzer dieses Gutes hatte nach 1870 die Schankgerechtigkeit erworben, die bis dahin als „Reihschank“ von Haus zu Haus gewandert war.
Der Dorfkern brannte im Jahre 1896 bis auf acht Anwesen ab und wurde dann in der noch erkennbaren Form wieder aufgebaut.

Die Legende vom "Golddörfl Rochwitz"

In den Köpfen der ältesten Einwohner spukte noch eine von Generation zu Generation weiter erzählte Legende vom „Golddörfl Rochwitz“:
Als Rochwitz noch das Golddörfl hieß, weil es gar keine Gemeindesteuern erhob, waren (so erzählte ein in hohem Alter stehender weißhaariger Bauer um 1890) die Rochwitzer noch reich und zwar bis 1706 zur Zeit des Friedensschlusses zu Alt-Ranstädt. Seit dieser Zeit gehörte der Rochwitzer Wald der "Kommune" Rochwitz. Nach Überlieferung von Mund zu Mund, von Generation zu Generation ist der Rochwitzer Wald bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts Eigentum der Gemeinde Rochwitz gewesen, und aus den Erträgnissen dieses Besitzes hat man alle Unkosten der Gemeindeverwaltung decken können, so daß die Bewohner gar keine Steuern zu zahlen hatten. Was Sand, Holz und Waldstreu als Handelsartikel erbrachten, war so viel an Geld, als man in der Kommune bedurfte. Da kam der Schweden-Russen-Sachsenkrieg. Als aber nach dem Frieden zu Altranstädt 1706 die Sachsen an den Schwedenkönig Karl XII. gewaltige Zahlungen zu leisten hatten, sollte die Gemeinde Rochwitz 500 Taler zahlen, eine Summe, die den Bauern unaufbringbar erschien. Daher verpfändeten sie ihren Wald auf hundert Jahre an den sächsischen Staat und verloren damit ihre Einnahmequelle. Aufseher und Schützer des Waldes ward der jeweilige Dorfschulze, der dafür Holz und Waldstreu für seine Haushaltung erhielt. Zur Deckung des Gemeindeaufwandes musste man zur Erhebung einer Kopfsteuer schreiten – pro Kopf und Jahr 12 – 16 Groschen, unter deren Last die Einwohner über 180 Jahre lang geseufzt haben. Die Rochwitzer Bauern "konnten" den Wald auch nach 100 Jahren nicht einlösen und – verloren das "Rochwitzer Tännicht" auf alle Zeit an den sächsischen Staat.
Aus den Aufzeichnungen des Rochwitzer Oberlehrers Max Schneider, um 1936

Am 1. April 1921 hörte Rochwitz auf, als sebständige Gemeinde zu existieren und wurde nach Dresden eingemeindet.

Ortsgesetz

Der ursprünglich zuerst besiedelte "Ort des Roch" liegt im jetzigen Ortsteil Oberrochwitz, im weitesten Sinne die Umgebung der heutigen Pappritzer Straße. Dieser Ortskern wurde 1992 unter Schutz gestellt. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dresden verabschiedete am 4. Juni 1992 die "Erhaltungssatzung für historische Dorfkerne im Stadtgebiet von Dresden" für insgesamt 44 Dorfkerne.

Quellen:
Karlheinz Hengst, Ortsnamen, Geschichtsbuch der Stadt Dresden, Band 1 Seite 119.
Karlheinz Blascke, Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen.


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